Geniesse das Leben! Über die goldene Mitte.

Von Nemanja Vasiljevic
Geniesse das Leben! Über die goldene Mitte.

Inhaltsverzeichnis

Was bedeutet es, sein Leben zu geniessen?

Eine einfache, aber keine leichte Frage. Viele Menschen assoziieren grundsätzlich Genuss mit Konsum und Komfort. Das Problem dabei ist, dass übermäßiger Konsum die Genussfähigkeit mindert. Für einen Alkoholiker hat ein Glas Whiskey mehr etwas mit Rausch und weniger mit Genuss zu tun. Für einen Gelegenheitstrinker wirken die Noten des Whiskeys noch intensiv und neuartig. Seine Sinne sind noch nicht eingestellt auf dieses sinnliche Erlebnis. Der Gelegenheitstrinker hat dadurch die Möglichkeit, sein Leben überhaupt geniessen zu können.

Die goldene Mitte

Wer also sein Leben geniessen will, braucht das richtige Maß zum Leben. Menschen, die überdrüssig vom Leben sind oder Menschen, die zu viel vom Leben haben, geht die Fähigkeit verloren. Deswegen gibt es auch viele reiche Menschen, die nicht sonderlich glücklich scheinen. Es braucht also die goldene Mitte.

Das Problem bei beiden Extremen ist, dass sie die Genussfähigkeit des Lebens abstumpfen. Im Fall des Überdrusses fehlt es Anreizen, Neues zu entdecken oder sich selbst herauszufordern, was zu einer inneren Leere führt. Beim Reichtum hingegen stumpft der ständige Konsum und Verfügbarkeit die Sinne sowie die Wertschätzung drastisch ab.

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Hunger ist der beste Koch.

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Faktoren des Glücks

Die goldene Mitte definierte bereits Aristoteles. Aber zwischen welchen Faktoren sollte diese goldene Mitte liegen, wenn man sein Leben geniessen will?

1. Monotonie und Neuartigkeit: Das richtige Maß zwischen Beständigem und Neuem kann nur individuell festgelegt werden. Manche schätzen die Monotonie sehr, wohingegen andere mehr Neuartigkeit brauchen. Finde es für dich heraus.

2. Arbeit und Freizeit: Während manche sehr viel Erfüllung bei der Arbeit finden, lieben andere den Müßiggang. Auch hier muss die goldene Mitte individuell ermittelt werden.

3. Materieller Besitz und geistige Erfüllung. Niemand braucht 1000 Paar Schuhe. Niemand braucht eine Bibliothek zuhause. Oscar Wilde drückt es treffend aus: "Die Seele durch die Sinne und die Sinne durch die Seele heilen". Zuviel geistiges oder materielles wirkt immer erschöpfend.

4. Selbstverbesserung und Selbstakzeptanz: Es ist schön, nach etwas zu streben. Es ist aber nicht schön, ständig mit sich unzufrieden zu sein. Es ist daher wichtig, auch hier die goldene Mitte zu finden, um dich sowohl zu akzeptieren, als auch stetig zu verbessern.

5. Sicherheit und Risiko: Ein Leben in völliger Sicherheit kann schnell eintönig werden, während ein Leben am Rand des Risikos unnötig stressig sein kann. Die Kunst liegt darin, eine Balance zu finden, die es uns erlaubt, Neues zu wagen und zu wachsen, ohne dabei unüberlegt zu handeln. Es ist wichtig, sowohl die Sicherheit zu schätzen, die uns Ruhe gibt, als auch das Risiko zu umarmen, das uns vorantreibt.

6. Geben und Nehmen: Zu viel Geben kann erschöpfen und zu wenig Nehmen kann dazu führen, dass wir uns leer und ausgebrannt fühlen. Umgekehrt kann zu viel Nehmen ohne angemessenes Geben Beziehungen belasten und zu Isolation führen. Das Ziel ist es, sowohl die eigenen Bedürfnisse als auch die der anderen zu berücksichtigen.


Wichtig zu verstehen ist, dass die goldene Mitte sich nicht mathematisch genau bei der Hälfte bewegt, sondern je nach Situation und Person variiert. Für die eine Person kann das näher zum Extrem sein, als für eine andere Person.

Irrtümer, die man nicht glauben sollte

Viele naive Ratgeber postulieren, dass man jeden Tag und Moment in seinem Leben geniessen sollte. Das ist natürlich Quatsch. Die goldene Mitte zeigt uns eben auf, dass wir ein Wechsel der Gefühle benötigen, um Sachen überhaupt wertschätzen und geniessen zu können.

Diesen rhythmischen Wechsel finden wir auch in der Biologie des Menschen wider: Unter gleichbleibenden Bedingungen bewegt sich der Körper in einen Zustand der Entspannung, um Energie zu sparen, während er unter neuen, stimulierenden Bedingungen aktiviert wird. Daher ist es das Gleichgewicht zwischen Entspannung und Anregung, Ruhe und Aktivität, das uns ermöglicht, Genuss und Zufriedenheit in unserem Leben voll auszukosten. Wer versucht, ständig in einem Zustand des Genusses zu verbleiben, verliert letztendlich die Fähigkeit, die wahren Freuden des Lebens zu erfassen und zu genießen.

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Die goldene Mitte der Natur findet sich in den vier Jahreszeiten wider.

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Glaubenssätze, die dich begrenzen

So langsam sollte klar sein, dass Glück kein absoluter Zustand ist, sondern ein Zustand, der immer wieder mal geht und kommt. Daher ist es auch eine falsche Annahme zu denken, ich kann mein Leben nur geniessen, wenn ich

1. reich bin

2. attraktiv bin

3. kerngesund bin

4. einen tollen Partner habe

5. alles habe, was ich will

Unser biologischer Anpassungsmechanismus nimmt uns sehr schnell den Genuss, sobald wir etwas erreicht haben. Der Genuß und die Freude sinken dann schnell. Das neue Auto verliert schnell seinen Wert, die neuen Möbel bemerkt man nach ein paar Wochen schon nicht mehr und die körperliche Gesundheit nimmt man schnell als selbstverständlich an.

Geniessen tut man am besten aus einem Mangel heraus, bzw. einer Entbehrung. Wer geniesst eine Pizza mehr? Die übergewichtige oder die verhungernde Person? Hunger ist der beste Koch, sagt man auch gerne.

Ähnlich wie mit materiellen Gegenständen, verliert der Mensch auch schnell das Interesse an seinen Mitmenschen, wenn er alltäglich mehrere Stunden mit ihnen zu tun habt. Ein paar Tage Pause voneinander schärfen die Beziehung und zeigen auf, was man an einem wirklich schätzt. Den ganzen Tag zusammen auf der Coach rumlümmeln hingegen, stumpft die Zweisamkeit nur ab.

Im Zustand des Mangels kann man also gerade dankbar sein, weil die Genussfähigkeit zunimmt und man das Leben so überhaupt erst geniessen lernt. Das ständige Spiel zwischen Mangel und Luxus der goldenen Mitte erlaubt uns so, das Leben in vollen Zügen zu geniessen. Ein abwechslungsreiches Leben tut so Not!

Zusammenfassung: So lernst du, zu genießen.

Ein wahrer Lebensgenuss ist vorallem abhängig von der goldenen Mitte. Es stimmt, dass Reichtum nicht glücklich macht. Genauso wenig macht aber Armut glücklich. Ein Mangel kann unsere Sinne schärfen und uns für Genuss empfänglicher machen. Ein Übermaß kann unsere Sinne abstumpfen. Gemäß der goldenen Mitte, kann es ein ständiges Geniessen nicht geben. Und das ist auch okay so. Gerne dürfen wir uns gelegentlich schlecht, griesgrämig und ausgelauft fühlen. Unsere Gefühle und Emotionen dürfen kommen und gehen, dadurch werden wir für die Schönheit des Lebens empfänglicher und lernen, das Leben in vollen Zügen zu geniessen.

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Ein abwechslungsreiches Leben ermöglicht es, unser Leben zu geniessen.

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